Interkulturelle Brücken

Das Projekt „Du bist nicht allein“ der Jüdischen Gemeinde Bad Nenndorf blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück

Bad Nenndorf, 12. Juni 2014. Gefördert vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nahm das Begegnungs- und Betreuungsprojekt „Du bist nicht allein“ der Jüdischen Gemeinde Bad Nenndorf vor einem Jahr seine Arbeit auf und blickt an seinem – nur vorläufigen – Ende auf einigen Erfolg zurück.

Juden wissen aus ihrer Jahrhunderte alten Erfahrung, was es heißt, in der Diaspora zu leben und wie Flüchtlinge „immer auf gepackten Koffern“ zu sitzen. Sie wissen ebenso, wie man sich in eine Mehrheitsgesellschaft integriert, ohne die eigene Identität zu verlieren, vielmehr sie in einer multikulturellen Einwanderungsgesellschaft fruchtbar zu machen. Nichts also hätte ferner gelegen, als im Juni 2013 das vom BAMF geförderte Projekt „Du bist nicht allein“ zu starten. Ziel war (und ist), Einwanderer und Flüchtlinge aus der eigenen Erfahrung eines Migrationshintergrunds heraus bei ihrer Integration zu unterstützen und so internationale und interkulturelle Brücken in die deutsche Gesellschaft zu schlagen. „Du bist nicht allein“ ist dabei wörtlich zu nehmen, um Einwanderern zu zeigen, dass sie willkommen sind, das schon „Angekommene“ sie unterstützen und anregen, ihre Kulturen zu leben und einzubringen in ein Deutschland, in ein Europa, das seine wechselvolle Geschichte heute als Auftrag zu einer gemeinsamen Friedensordnung und des Miteinanders verschiedener Kulturen begreift.

So löblich solcher Anspruch klingt, er muss sich in der lebensweltlichen Praxis des Alltags beweisen. Deshalb setzte das Projekt an den Wurzeln der Bedürfnisse von Einwanderern an, die sich um Integration bemühen. Etwa mit kostenlosen Deutsch-Kursen, die Einwanderern die Sprache ihres Ziellandes näher brachten und damit eine Kernkompetenz für ein hiesiges Leben für jene förderten, die keine Mittel für Sprachunterricht an kommerziellen Instituten zur Verfügung haben.

Aber auch für die schon lange hier Lebenden, doch noch nicht genügend Integrierten engagierte sich das Projekt mit ganz praktischen Lebenshilfen von der Hausaufgabenhilfe für Migrantenkinder, Alltagsunterstützung für ältere Menschen bis hin zur Begleitung von Migranten bei Behördengängen. In Sammelaktionen wurden Kleider und Haushaltsgegenstände für Bedürftige beschafft. Ganz aktuell kommen immer mehr Flüchtlinge aus dem bürgerkriegsgeplagten Syrien zu uns. In guter Zusammenarbeit mit der AWO und dem Landkreis setzte sich „Du bist nicht allein“ auch für sie ein. „Zur Winterzeit die Hand gereicht“ titelte eine Veranstaltung für alleinstehende Migranten und Deutsche am ersten Weihnachtstag, bei welchem Festtagsessen sich wiederum Generationen und Kulturen begegneten, indem sie nicht nur ihr „Brot“, sondern auch ihre Erfahrungen und Geschichten teilten.

„Du bist nicht allein“ ist nicht nur ein schöner Titel, sondern auch ein Auftrag, Menschen, die (noch) am Rande stehen, willkommen in unserer Mitte zu heißen. Solche Willkommenskultur ließ das Projekt in zahlreichen Kultur- und Bildungsprogrammen lebendig werden. Unvergessen ist etwa das Konzert, das die Pianistin Lyba Barskaja im November 2013 mit russischer und also europäischer Musik gab. Und weil die Gegenwart nicht zu bewältigen ist ohne die Erinnerung an die schmerzliche Vergangenheit, organisierte „Du bist nicht allein“ eine Tour zur Feier des 69. Jahrestages der Befreiung des KZ Bergen-Belsen.

Flüchtling zu sein im neuen, friedlichen Europa, ist heutzutage noch immer nicht leicht – Schengen und „Dublin III“ sind da die oft noch traurigen Stichwörter. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Projekts aus Kiel besuchte die dort Anfang März 2014 stattgefundene, vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein organisierte „Baltic Sea Conference on Migration Issues“ und berichtete davon wie über die aktuelle schwierige Situation in der Ukraine in einer Infoveranstaltung. Denn „Du bist nicht allein“ begreift sich auch als politisch informatives Flüchtlings- und Migrantenprojekt.

Neben der staatlichen Förderung des BAMF lebte das Projekt vor allem von der ehrenamtlichen Hilfe. Dass sich Menschen für Menschen aus verschiedenen Kulturen einsetzen, dass die Helfer auch von denen lernen, denen geholfen wird, war schließlich auch eines der Ziele. Menschen aus anderen Kulturkreisen willkommen zu heißen, sie ohne Identitätsverlust zu integrieren, verlangt ein beiderseitiges auf einander Zugehen, denn Brücken haben immer zwei Enden ...

Um das zum Abschluss noch einmal kundzutun, veranstaltet „Du bist nicht allein“ in fast schon Tradition seiner „interkulinarischen“ Kochabende am 28. Juni, 20 Uhr in den Räumen der Jüdischen Gemeinde Bad Nenndorf ein Sommertreffen aller Beteiligter, der (ehrenamtlichen) Helfer wie jener, denen geholfen werden konnte. Das soll kein Abschluss sein, sondern – um es mit dem Film „Casablanca“ zu sagen – der fortgesetzte „Beginn einer wunderbaren Freundschaft“ aller Menschen, woher und wohin sie auch kommen mögen, um nicht allein zu bleiben.

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